Stellungnahme zur im Senat beschlossenen Gebührenerhöhung an der FernUniversität

Am 3. Mai 2023 hat der Senat der FernUni in Hagen beschlossen, die Grundgebühr von 50 Euro auf 60 Euro pro Semester und die Beleggebühr von 8 Euro auf 11 Euro pro ECTS zu erhöhen. Das Studierendenparlament hatte sich zuvor am 22. April 2023 ausführlich mit der vom Rektorat vorgeschlagenen Gebührenerhöhung beschäftigt. Im Rahmen der Sitzung hatte zudem die Kanzlerin der Universität, Frau Rimpo-Repp, die Möglichkeit wahrgenommen, die Beweggründe für die Gebührenerhöhung zu erläutern. Leider blieben viele Fragen und Kritikpunkte unbeantwortet. Kritik regte sich nicht nur an dem teils unverständlichen und fragwürdigen Zahlenwerk, sondern auch an der voreiligen Zustimmung der studentischen Vertreter:innen im Senat, die in der vorbereitenden Senatskommission einen entsprechenden Empfehlungsbeschluss mitgetragen hatten.

Das Studierendenparlament (SP) beschloss daraufhin, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die kurzfristig eine eigene Stellungnahme zur Gebührenerhöhung entwickeln sollte.
Weiterhin beschloss das Studierendenparlament die studentischen Senator:innen aufzufordern, vorbehaltlich des Ergebnisses der Arbeitsgruppe, der Gebührenerhöhung in der abschließend entscheidenden Sitzung des Senates nicht zuzustimmen. Die Arbeitsgruppe hat sich daraufhin ausführlich mit den vorliegenden Fakten zur Erhöhung der Gebühren beschäftigt und die Resultate in die unten stehende Stellungnahme einfließen lassen. Die Stellungnahme wurde anschließend im AStA und im Studierendenparlament per Umlaufbeschluss einstimmig beschlossen.

Aus Sicht des AStA ist es bedauerlich, dass die studentischen Senator:innen sich weder an der Arbeitsgruppe beteiligten, noch in irgendeiner Form inhaltlich und qualifiziert auf die während der SP-Sitzung geäußerten Kritikpunkte reagiert haben. Stattdessen wurde lediglich die durch das höchste beschlussfassende Gremium der Studierendenschaft erarbeitete Stellungnahme im Nachhinein in den sozialen Medien als fehlerhaft und realitätsfern bezeichnet. Auch wenn die Gegenstimmen der studentischen Senator:innen den Beschluss der neuen Gebührensatzung nicht verhindert hätten, wäre doch ein deutliches Signal in Richtung des Rektorates notwendig gewesen, dass die Studierendenvertretung Gebührenerhöhungen nicht ohne kritische Analyse der vorherrschenden Studienbedingungen und Rechtfertigungsgrundlage für die Gebühren mitträgt.


Stellungnahme des AStA an den Senat der Fernuniversität vom 1.5.2023

Den Unterzeichnenden ist bewusst, dass die FernUniversität bemüht ist, ein qualitätsvolles und mit einem Studium an Präsenzhochschulen vergleichbares Studium zu ermöglichen, und dass dies mit Kosten verbunden ist. Dennoch lehnen wir die Änderung der Gebührenordnung zum Sommersemester 2024 in der dem Senat vorliegenden Fassung als ungenügend begründet und vor allem sozial unausgewogen und damit willkürlich ab.

Nachdem die letzte Gebührenanpassung durch die FernUniversität in Hagen zum Wintersemester 2021/2022 erfolgte, sollen nun zum Sommersemester 2024, mithin nach nur fünf Semestern, die Grundgebühr von 50 € auf 60 € und die Materialbezugsgebühren von 8 € auf 12 € je ECTS erhöht werden.

Wir sehen darin vor allem eine Benachteiligung und Verletzung des Vertrauensschutzes all derjeniger Studierender, die ihr Studium zum WS 2021/22 begonnen haben und planmäßig noch nicht abschließen konnten.

Nachfolgende Tabelle bildet die geplante Kostensteigerung ab:

Kosten für das Fernstudium an der FernUniversität in Hagen – Bachelorstudiengänge 6 bzw. 12 Semester, 180 ECTS

Kostengegenüberstellung ohne Wiederbelegungsgebühren, Praktika, Präsenzveranstaltungen oder Reisen zu Prüfungen

Jedes weitere Semester erhöht die Studienkosten, wobei eine Verlängerung der Studienzeit auch aufgrund von Verzögerungen bei Prüfungen oder Korrekturen sowie durch erforderliche Beurlaubungszeiten verursacht sein kann.

Gebührenerhöhungen dieses Ausmaßes sind weder begründet noch nachvollziehbar. Auch steigende Kosten für Mieten, Energie, Personal, Papier, Versand addieren sich nicht zu solchen Prozentzahlen.

Angaben der FeU zu Einnahmen aus Gebühren
Die Grundlage für die Erhöhung der Grundgebühr und der Bezugsgebühren ist intransparent.

Für den Zeitraum 2020 bis heute wurden auf der Einnahmenseite folgende Summen genannt:

Einnahmen der FernUniversität 2020 – 2022

Ab 2023 wird mit sinkenden Einnahmen gerechnet (Prognose ohne Begründung).

In den Statistiken der FernUniversität wird unter Einnahmen aus Gebühren und sonstigen Einnahmenfür das Haushaltsjahr 2021 der Betrag von 19,8 Mio. € genannt. Wie erklärt sich die Differenz von 1,8 Mio. € auf der Einnahmenseite? Wohin sind die Mittel geflossen? (Zahlen für weitere Haushaltsjahre fehlen.)

Gebührenumlage
Das Hochschulabgabengesetz erlaubt die Umlage der fernstudienbezogenen Gebühren auf die Studierenden. Gebühren werden aber nur bei der tatsächlichen Inanspruchnahme einer exakt abrechenbaren Leistung fällig. Bei allen genannten Gebühren für das Fernstudium wird von der FernUniversität nur die Kostenart, nicht aber die Höhe genannt.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Fragen:

Wie errechnet sich die Erhöhung der Grundgebühr um 20%?
Wie errechnet sich die Erhöhung der Materialbezugsgebühren um 50%?

Wie begründen sich die Erhöhung der Studienkosten im Vollzeitstudium um rd. 44% und im Teilzeitstudium um rd. 41%?

Abbildung von Einsparungen
In der Übersicht zur Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben fehlen Angaben zu Einsparungen, von denen anzunehmen ist, dass sie – durch die Corona-Pandemie bedingt – im betrachteten Zeitraum ebenfalls entstanden sein müssen. Wenn Campusstandorte geschlossen sind und nicht genutzt werden können, Büros verwaist sind und viele Angebote nicht mehr in Präsenz, sondern Online durchgeführt werden, führt dies zwangsläufig dazu, dass z.B. die Kosten für die Unterhaltung von Gebäuden sinken, beispielsweise durch Einsparungen bei Heizung, Strom- oder Wasserverbrauch.

An welcher Stelle wurden solche Einsparungen eingerechnet?

Kosten der Campusstandorte in Deutschland
Nach Ansicht der FernUniversität sind die Kosten für diese Campusstandorte allein von den Studierenden zu tragen. Zu diesen Kosten liegen keine detaillierten Informationen bzw. Zahlen vor. Es ist vor allem unklar, ob über die Finanzierung des Landes Nordrhein-Westfalen auch die dort angesiedelten Campusstandorte (4 von 13) mitfinanziert werden. Nach Ansicht des Landesrechnungshofs (Bericht 2020) ist die Finanzierung von Regionalzentren außerhalb NRW oder im Ausland aus Landesmitteln NRW nicht zulässig. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass 4 Campusstandorte Landesmittel erhalten und nur 9 der 13 Campusstandorte in Deutschland kostenmäßig umgelegt werden dürften. Unklar ist auch, ob Einnahmen z.B. aus Vermietungen von Räumlichkeiten der Campusstandorte abgezogen wurden.
Wie verhält es sich mit dem Transferbüro am Campusstandort Berlin?

Wir fordern die FernUniversität auf, alle Kosten, die zu Lasten der Studierenden gehen, transparent, detailliert und nachvollziehbar darzustellen und zu kommunizieren.

Bei vielen der genannten Kosten (Gebührenstelle, Rechenzentrum, Barrierefreiheit, Videoproduktionen, Softwarelizenzen usw.) ist nicht erkennbar, wieso diese fernstudienspezifisch sind, da vergleichbare Kosten auch an Präsenzhochschulen anfallen und dort nicht auf die Studierenden umgelegt werden dürfen.

Moodle-Plattformen und damit verbundene Software werden an vielen Präsenzhochschulen und auch an Schulen, von gemeinnützigen Organisationen, Unternehmensverbänden und allgemein im Berufsbildungs- sektor eingesetzt. Moodle ist ein kostenloses Online-Lernmanagementsystem, das weltweit eine Open- Source-Lösung für E-Lernen bietet.

Bei Personalkosten Administration und IT ist zu fragen, welche Kostenanteile so fernstudienspezifisch sind, dass sie als Gebühr umlagefähig sind?

Bei den Kosten für Studienmaterial / Studienbriefe ist festzuhalten, dass viele Studienmaterialien nur noch online zur Verfügung gestellt werden und bei Bedarf von den Studierenden selbst ausgedruckt werden müssen. Druck- und Versandkosten dafür entfallen.

Wir fordern die FernUniversität auf, Zahlen vorzulegen, aus denen hervorgeht, in welcher Höhe die zuvor genannten Kosten anfallen und ob sich diese über den betrachteten Zeitraum verändert haben (verringert / erhöht).

Weiterhin wird gefordert, die Querfinanzierung der Weiterbildungs-GmbH in der Gebührenberechnung transparent darzustellen. Da dort teilweise identische Materialen und Ressourcen der Verwaltung (z.B. für Prüfungsanmeldungen, Beratung) eingesetzt werden, müsste die WB-GmbH hier einen Ausgleich leisten, der sich zugunsten der grundständig Studierenden auswirkt, da andernfalls eine unzulässige Förderung von Externen stattfinden würde.

Soziale Unausgewogenheit
Wir kritisieren die geplante Gebührenerhöhung als sozial unausgewogen.

Dem AStA ist aus seiner Beratungspraxis bekannt, dass viele Studierende in finanziell sehr angespannten Verhältnissen leben. Insbesondere sind Studierende im Vollzeitstudium betroffen, die BAFöG-Leistungen beziehen und keine Zuschüsse zu den Studienkosten erhalten können, weil dies in den BAFöG-Regelungen nicht vorgesehen ist. Für sie – ebenso wie für Empfänger*innen von Bürgergeld sowie für inhaftierte Studierende – sieht die FernUniversität lediglich gewisse Gebührenermäßigungen vor. Sie gelten ausschließlich im Erststudium (Bachelor und konsekutiver Master) und nur für die Beleggebühren. Andere Personen mit niedrigem Einkommen werden nicht berücksichtigt.

Eine Befreiung von der Grundgebühr ist grundsätzlich nicht vorgesehen, auch nicht für Zeiten der Beurlaubung.

Ein hoher Prozentsatz der Studierenden studiert in Teilzeit, nicht zuletzt aus beruflichen und familiären Gründen. Diese Gruppe wird benachteiligt, da durch längere Studienzeiten höhere Gebühren anfallen. Gerade die FernUniversität legt seit ihrer Gründung Wert darauf, ein Studium für Studierende in besonderen Lebenslagen zu ermöglichen.

Hier ergibt sich insbesondere ein Nachteil für Studentinnen, die nachweislich höheren Care-Verpflichtungen nachgehen als Studenten und häufig über ein geringeres Einkommen verfügen (u.a. Gender Pay-Gap).

Wir wiederholen unsere Forderung nach Regelungen, die Studierende mit geringem Einkommen finanziell spürbar entlasten. Darüber hinaus dürfen Studierende, die aufgrund besonderer Umstände wie (chronischer) Erkrankung, Behinderung oder familiären Verpflichtungen ihr Studium nicht in der vorgesehenen Zeit abschließen können, nicht durch das Gebührenmodell zusätzlich belastet werden.

Aufgrund zahlreicher Unklarheiten und bestehenden Diskussionsbedarfs regen wir die Vertagung des Beschlusses über die Änderung der Gebührenordnung an. Für einen Austausch stehen wir als Ansprechpartner*innen zur Verfügung.